Natur vor der Haustür: Die Robinie
Die Robinie ist vielen von uns auch als Scheinakazie oder Silberregen bekannt. Obwohl sie bereits vor knapp 400 Jahren den Weg von Nordamerika zu uns fand, gilt sie hierzulande noch als Neubürger. Häufig wird die Robinie als „invasiv“ bezeichnet, ein Attribut, welches grundsätzlich etwas Negatives, Schlechtes assoziiert, dem der Garaus gemacht werden muss. Und doch wurde die Robinie letztes Jahr zum „Baum des Jahres 2020“ gekürt, was seine Gründe hat: Robinien, die sich in vielen Gärten und Parks als Zierpflanzen finden, bilden zwischen Mai und Juni wunderschöne, weithin sichtbare Schmetterlingsblüten. Diese gelten als wahre Bienenweiden und sind bei Imkern gesucht (Akazienhonig). Robinien werden bis zu 25 Meter hoch, können mehr als 100 Jahre alt werden und sind aufgrund ihres Erscheinungsbildes und trotz ihrer bis zu drei Zentimeter langen rotbraunen Dornen eine wahre Schönheit.
Robinien sind extrem resistent und witterungsbeständig. Kein Wunder, dass Robinienholz zunehmend Verwendung beim Spielplatzgerätebau findet, bei der Herstellung von Gartenmöbeln, als Kaminholz und beim Zaunbau, was z.B. bei der Straußenfarm zu sehen ist. Robinienstämme liegen übrigens auch auf dem Gelände des Rülzheimer Seniorenheims entlang des Klingbachs, zum Schutz der dortigen Bewohner bei Spaziergängen am Wasser.
Doch unumstritten sind Robinien nicht, da sie sehr schnell selbst die unwirtlichsten Lebensräume besiedeln. Hinzu kommt ihre rasche Ausbreitung über Wurzelschosse. Haben sie einmal „Fuß gefasst“, kommt es häufig zur nachhaltigen Verdrängung der heimischen Baumarten und zu einer Reduzierung der Artenvielfalt.
Angesichts der genannten Vor- und Nachteile fällt es schwer, sich für oder gegen die Robinie auszusprechen. Da diesen Bäumen Hitze und Dürre, Streusalz und Emissionen von Fahrzeugen offensichtlich nichts anhaben können, sie darüber hinaus qualitativ hochwertiges Holz liefern, wird man sie in Zukunft nicht übergehen können. Doch sollten sie nicht unüberlegt in ein bestehendes Ökosystem eingebracht werden, denn um sie zurückzudrängen, bedarf es viel Aufwand. Ein simples Fällen der Bäume, wie man es in der Rülzheimer Hohl sieht, führt lediglich zu dichteren Beständen, zu sehen an vielen Stellen entlang der Bahnlinie Rülzheim – Rheinzabern. Kahlschlag und Rückschnitt sind also keine Option, sie bewirken eher das Gegenteil. Eine wirksamere Methode ist dagegen das Ringeln: Entfernt man einen Baststreifen von etwa zwanzig Zentimetern Höhe rund um den Stamm, stoppt man dadurch den Wasser- und Nähstofftransport zwischen Krone und Wurzeln und der Baum stirbt langsam ab.
Fazit: Auf schlechten Waldstandorten, Schutthalden, Tagebauflächen oder als effizienter Schutz vor Bodenerosion bei Böschungen oder Hohlwegen ist die Robinie ein sinnvoller Baum und sollte ohne Vorurteile in Erwägung gezogen werden.